Als Skoliose bezeichnet man eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule mit Verdrehung der Wirbelkörper und des Brustkorbs.
Weiters sind damit auch Veränderungen im Seitprofil verbunden (z.B Flachrücken), welches oftmals die ersten Anzeichen einer entstehenden Skoliose darstellen können.
Das Erkennen dieser ersten, kleinen Wirbelsäulenabweichungen setzt profunde Kenntnisse über die Skoliose, sowie ein geschultes Auge voraus.
Diese Abweichungen der Wirbelsäule aus dem Lot sind knöchern fixiert.
Neigt sich der Patient mit dem Oberkörper nach vorne und lässt die Arme locker hängen
(= Adam Bending Test) zeichnen sich am Rückenprofil Asymmetrien (Höhenunterschiede rechts und links von der Wirbelsäule) ab.
Idiopathisch heißt, dass die Entstehungsursache unbekannt ist.
Die idiopathische Skoliose entsteht NICHT aufgrund ungünstigen Alltagsverhaltens, mangelnder sportlicher Betätigung oder allgemeiner Haltungsschwäche.
Bekannt ist allerdings, dass sowohl Gene (familiäre Häufung) als auch Hormone (Mädchen sind im Verhältnis 4:1 häufiger betroffen als Burschen) einen bedeutenden Einfluss haben.
Viele weitere Erklärungen und Spekulationen über die Entstehungsursache sind zwar oft sehr plausibel, konnten aber bislang nicht ausreichend begründet oder wissenschaftlich bestätigt werden.
Die idiopathische Skoliose entsteht im Kindes – und Jugendalter (signifikante Verschlechterung im Alter vom 11.-13.Lebensjahr ) und ist deutlich von einer Fehlhaltung oder Haltungsschwäche zu unterscheiden!
Bei der idiopathischen Skoliose handelt es sich um eine progrediente (d.h.fortschreitende) Erkrankung der Wirbelsäule, welche erst stagniert, wenn das knöcherne Wachstum abgeschlossen ist.
Man unterscheidet hierbei leicht – mäßig – oder stark progrediente Skoliosen.
Bei ungünstigen Voraussetzungen (hohe Winkelgrade) kann es auch im Erwachsenenalter noch zu einer Krümmungszunahme kommen.
Nach internationalen Richtlinien (SOSORT) werden Skoliosen folgendermaßen behandelt:
- Cobb-Winkel < 20/25°:
Ausschließlich physiotherapeutische Behandlung
- Cobb-Winkel > 20/25°:
Physiotherapeutische Behandlung + Korsettversorgung (im Wachstumsalter)
- Cobb-Winkel > 60° und/oder Organbeeinträchtigung:
Behandelnder Orthopäde entscheidet über eventuelle operative Maßnahmen
Bei der physiotherapeutischen Behandlung von Skoliosepatienten ist vor allem ein multimodaler Ansatz für einen Therapieerfolg essentiell.
Im Zentrum jeder Behandlung sollte die Erfassung der Dreidimensionalität der Skoliose stehen.
Diesem Erfordernis wird vor allem die Schroth - Therapie – benannt nach der Begründerin Katharina Schroth – gerecht. Dabei werden nach ausführlicher Befundung individuelle, dreidimensionale Korrekturstellungen in Kombination mit einer speziellen Atemform, erarbeitet. Diese erlernten Übungen sollten in Folge dann auch selbständig und regelmäßig durchgeführt werden.
Die Therapie nach Schroth eignet sich für alle Altersklassen ab dem Schulalter.
Einen weiteren wesentlicher Bestandteil der Therapie stellt die Beratung dar, um ungünstigen Verhaltensmustern im Alltag entgegenzuwirken.
Je nach Skolioseform, Alter und Beschwerdebild kommen in unserer Praxis jedoch auch viele andere therapeutische Maßnahmen zum Einsatz:
- Funktionelle Bewegungsübungen nach Klein Vogelbach
- Therapeutisches Klettern
- Spiraldynamik
- Auto-Self-Correction (ASC)
- Triggerpunkttherapie
- Myofasziale Techniken
(Behandlung von Muskulatur, Bindegewebe und Faszien)
- Viszerale Behandlungen (Organbehandlungen)
- Manuelle Techniken
- Osteopathie
- Neurodynamische Mobilisationen
- Physiologisch-energetisches Taping
Die Therapie gilt dann als ganzheitlich und umfassend, wenn sie mehrdimensional und multimodal ansetzt. Das bedeutet, dass nicht nur die Wirbelsäule in den Fokus genommen werden darf, sondern ebenfalls die Fußgewölbe, die Beinachsen, die Schulter- und Hüftgelenke, sowie die Kiefergelenke und die Organe berücksichtigt werden müssen.
Ebenso darf die psychosoziale Komponente nicht außer Acht gelassen werden!
In der Betreuung von Kindern und Jugendlichen spielt vor allem die langfristige, therapeutische Betreuung (bis Wachstumsende), sowie die Motivation eine große Rolle. Insbesondere, wenn es zu einer eventuell notwendigen Korsettversorgung kommt.
Generell gilt:
Je früher die Therapie begonnen wird, je geringer das Ausmaß der Skoliose zu Beginn der Behandlung, je größer die Motivation und Mitarbeit des Patienten und die Unterstützung durch das soziale Umfeld ist, desto bessere Ergebnisse lassen sich erzielen.
Kommt es bei einem, sich im Wachstum befindenden Kind /Jugendlichen, zu einer Krümmungszunahme von >20°/25° nach Cobb, so wird in der Regel, zusätzlich zur skoliosespezifischen Physiotherapie, ein Korsett verordnet, da in dieser Phase noch mit einer Progredienz der Skoliose zu rechnen ist.
Das Korsett hat die Aufgabe, die Krümmungszunahme aufzuhalten, bzw. korrigierend auf das noch vorhandene Wachstum der Wirbelsäule einzuwirken und sollte unbedingt von einem auf Korsettbau spezialisierten Orthopädietechniker angefertigt werden.
Um einen möglichst optimalen Erfolg zu gewährleisten, sind Tragezeiten von ca. 20 Stunden, sowie regelmäßige Röntgenkontrollen, welche die Wirksamkeit des Korsetts überprüfen, notwendig. In Ausnahmefällen können individuelle Tragezeiten vom Arzt festgelegt werden.
Für sportliche Aktivitäten wird das Korsett abgenommen, wobei Sport und physiotherapeutische Übungszeiten zur Korsetttragezeit gerechnet werden.
Während der Korsettversorgungszeit muss die physiotherapeutische Betreuung fortgesetzt werden, um:
- die Wirkung des Korsetts optimal zu unterstützen,
- die Rumpfmuskulatur gezielt zu trainieren,
- die aktive Korrektur durch den Patienten selbst, weiterhin zu üben,
- die Übungsprogramme laufend anzupassen,
- die Motivation (!) für das Tragen des Korsetts aufrecht zu erhalten
Mit Ende des Wirbelsäulenwachstums erfolgt die Abschulung des Korsetts.
Schreitet eine Skoliose trotz intensiver Therapie und Korsettversorgung voran und erreicht hochgradige Winkelwerte nach Cobb und /oder führt zu Organbeeinträchtigungen (Herz, Lunge), wird eine Operation angedacht.
Eine umfassende Aufklärung im Vorfeld, sowie das sorgfältige abwiegen aller Vor – und Nachteile, sowie Risiken, ist dabei unumgänglich!
Die Hauptziele einer Operation sind:
- Aufhalten der Progredienz (weitere Verschlechterung)
- Verbesserung der Statik
- Eventuelle Entlastung neuronaler Strukturen (Nerven)
- Verbesserung der Optik
Sowohl in der Vorbereitung auf eine Operation, als auch in der Zeit danach, ist eine intensive physiotherapeutische Betreuung notwendig.
Prinzipiell ist jeder Art der sportlichen Betätigung auf Breitensportniveau bei (nicht operierten) Skoliosepatienten zu begrüßen. Die Vorteile regelmäßigen Sports (Training von Lunge und Herz- Kreislaufsystem, verbesserte Durchblutung, Stoffwechselanregung, Training der Muskulatur…) sind überaus wichtig und stellen eine ideale Ergänzung zur skoliosespezifischen Therapie dar.
Es konnte bisher weder nachgewiesen werden, dass Sport auf Breitensportniveau einen negativen Einfluss auf eine bestehende Skoliose hat, noch, dass bestimmte Sportarten zu einer Krümmungszunahme führen können.
( Liljenqvist et al.; 2006)
Am Schulsport sollte wie gewohnt teilgenommen werden und das Korsett wird bei jeder sportlichen Aktivität abgenommen.
Oft sind übertriebene Vorsicht und die Angst vor belastungsabhängiger Verschlechterung Gründe, warum Eltern, LehrerInnen und ÄrztInnen die Sportausübung junger SkoliosepatienInnen einschränken.
Empfehlungen:
Ideal sind Sportarten, welche eine symmetrische Belastung des Körpers darstellen:
Tanzen, Aerobic, Walken, Schwimmen, Radsport, Skaten, Skilanglauf…
Skoliosen bis 20°:
Können uneingeschränkt Sport ausüben
Skoliosen zwischen 20°– 40°:
Grundsätzlich sind alle Sportarten möglich, jedoch sind stark wirbelsäulenstauchende Sportarten, sowie wiederholte in die Skoliosekrümmungen führende Bewegungen (bei häufiger Ausübung!) nicht zu empfehlen.
Dazu zählen:
Kontaktsportarten, Bodenturnen, Springreiten, Trampolinspringen,Tennis, Badminton, Speerwurf…
Individuelle Beratung ist wichtig!
Skoliosen über 40°:
Es gelten die gleichen Empfehlungen, wie für Skoliosen zwischen 20°-40°
Operierte Skoliosen:
Individuelle Beratung ist notwendig!
Leistungssport:
Eine genaue Analyse der Sportart, sowie eine individuelle Beratung und Betreuung ist notwendig!
Allem voran sollte jedoch die ausgeübte Sportart Freude bereiten!!
Denn nur unter dieser Vorraussetzung wird regelmäßig Sport betrieben!
Und besser, eine nicht so empfehlenswerte Sportart (mit kleinen Anpassungen und Einschränkungen) ausüben, als gar kein Sport!!
Folgende Krankenhäuser betreiben SKOLIOSEAMBULANZEN und arbeiten mit auf Korsettbau spezialisierten Orthopädietechnikern zusammen:
► Kinder (Skolioseambulanz) am AKH Linz
Di 8:00 – 13:00
Tel.: 0732/ 7806 – 3191
► Orthopädische Kinderambulanz KH Barmherzige Schwestern
Mi 8:30 – 16:00
Tel.: 0732/ 7677 – 7252
► Klinikum Wels-Grieskirchen ; Skolioseambulanz
Di 12:00 – 14:00
Tel.: 07242/ 415 – 2469
► Ambulanz der Abteilung für Kinder- und Jugendorthopädie Wien Speising
Tel.: 01/ 80182 – 1240